Die Sporthallen und Volleyball-Vereine sind voll  – und können oft gar nicht allen Interessierten Platz bieten. Die neuesten Zahlen der DOSB Bestandserhebung belegen, dass Volleyball aktuell so beliebt ist wie noch nie. Insgesamt 436.348 Menschen sind im Volleyball aktiv. So weit, so gut – sollte man meinen. Tatsächlich kämpft Volleyball aber seit Anbeginn um eine größere öffentliche und mediale Wahrnehmung und Bedeutung. Dabei darf der Vergleich mit Fußball nicht das Maß der Dinge sein, sondern der mit den anderen Ball- und Teamsportarten wie Handball oder Basketball. Im Laufe der Jahre sind viele Regeln verändert oder angepasst worden, um dem Fernsehen und Nicht-Fachpublikum Volleyball schmackhafter zu machen, beispielsweise aus den Jahren 1999/2000…

  • der weiße Ball wird durch farbige Bälle ersetzt
  • Einführung der neuen „Rally-Point“-Zählweise: jeder Fehler zählt als Punkt; ein Satz bis 25; zwei Punkte Unterschied zum Satzgewinn; der 5. Satz nur bis 15, aber ebenfalls zwei Punkte Differenz
  • Einführung des Liberos/Libera
  • der Ball darf beim Aufschlag das Netz berühren

Dieser Blogpost beschäftigt sich mit weiteren Möglichkeiten, Volleyball attraktiver zu machen. Gemeint ist er als Anregung, einmal über den Tellerrand hinaus zu blicken und Optionen zu bedenken, die vielleicht nicht so offensichtlich sind.

Das Grundproblem im Volleyball: Die kurze Ballwechseldauer

Ein Problem, was für Außenstehende an Volleyball als wenig attraktiv wahrgenommen wird, ist die kurze Ballwechseldauer*…

  • für Frauen im Hallenvolleyball (oberster nationaler Bereich) von 6,9 Sekunden und
  • für Männer im Hallenvolleyball (oberster nationaler Bereich) ebenfalls 6,9 Sekunden.

Diese Zahlen sind seit mehreren Jahren mehr oder weniger stabiler. Doch mit welchen Mitteln könnte die Ballwechseldauer verlängert werden?

Lösungsansatz 1: Der/ die Libero/a kommt nur für die Abwehrsituation ins Spiel.

Lenka Bitter (geb. Dürr) soll auch künftig die Abwehr verstärken dürfen

Lenka Bitter (geb. Dürr) soll auch künftig die Abwehr verstärken dürfen

 

Der/ die Libero/a kommt als Abwehrspezialist ins Spiel, nur für das jeweilig aufschlagende Team. Auf Seiten der Annahme wird der Einsatz verboten. Durch diese Maßnahme kann das annehmende Team ein wenig geschwächt werden, das abwehrende bleibt weiterhin verstärkt. Die Annahme wird in Teilen ungenauer, was den Angriffsaufbau des annahmenden Teams erschwert und die Chancen für das abwehrende Team vergrößert – und so Rallies möglicher macht. Dies würde ferner eine Universalisierung der Ausbildung der Spieler:innen bedeuten und andere Aufstellungs-Varianten und weitere taktische Optionen außer dem üblichen 1-5 mit zwei diagonal-zueinander stehenden Mittelblockern und Außenangreifern ermöglichen.

Option1 - Der Libero in der Annahme künftig verboten?

Option1 – Der Libero in der Annahme künftig verboten?

Lösungsansatz 2: Verbot des Power-Tipps

Der Power-Tipp - wie hier bei Krystal Rivers - künftig verboten?

Der Power-Tipp – wie hier bei Krystal Rivers – künftig verboten?

Der Power-Tipp, von manchen Spieler:innen und Trainer:innen geliebt und gerne eingesetzt, vergrößert die Optionen für Angreifer:innen. Der Verbot des Tipps kann somit auch hier weniger Optionen für das angreifende Team schaffen – und mehr Chancen für das abwehrende Team – so dass die Ballwechseldauer verlängert werden könnte. Prominente Trainer-Vertreter treten für diesen Vorschlag als Fürsprecher auf, so der Präsident der FIVB Technical & Coaching Commission Giovanni Guidetti und das Mitglied der Commission Karch Kiraly.

Lösungsansatz 3: Der Hinterfeldangriff wird beschränkt.

Volleyball bald ohne Pipe und dominante Hinterfeldangriffe?

Volleyball bald ohne Pipe und dominante Hinterfeldangriffe?

Gerade auf höherem Niveau ist der Hinterfeldangriff, gespielt als Kombinationsball in der Pipe, eine echte Waffe, um einen Overload für den gegnerischen Block/ die Feldverteidigung zu schaffen. Um diesen Vorteil zu entschärfen, kann der Hinterfeldangriff derart limitiert werden, dass das Landen nach dem Angriff im Angriffsraum verboten ist. 1951 wurde auf dem FIVB Kongress der Hinterfeldangriff unter diesen Bedingungen eingeführt.

Auch diese Änderung soll die Chancen für die Teams in K2/3/4… stärken und für längere Ballwechsel sorgen.

Lösungsansatz 4: Strengere Regelauslegung beim Pritschen in der Annahme.

Nicht jeder kann es so sauber wie Cody Kessel - Die Annahme im Pritschen

Nicht jeder kann es so sauber wie Cody Kessel – Die Annahme im Pritschen

Änderung der Auslegung der aktuellen Regel in der Halle äquivalent zum Beachvolleyball. Das lange Halten/Führen/Liften ist wie im Beachvolleyball verboten. Dies führt zu mehr Annahmen im Baggern. Hierdurch nimmt die Genauigkeit (speziell bei Männern in der Annahme gegen Float-Aufschläge) ab und das Angriffsspiel wird ausrechenbarer. Die Chancen für das abwehrende Team steigen.

Abseits der Länger der Ballwechseldauer gibt es eine weitere Variable, an der gedreht werden kann, um Volleyballspiele spannender zu gestalten.

Lösungsansatz 5: Kürzere Sätze bis 15 Punkte

Das Verkürzen der Sätze würde für frühere „crunch-times“ sorgen – es geht schneller „um die Wurscht“. Kürzere Sätze im Modus „best of seven“, oder „best of nine „ mit Sätzen bis 15 Punkten, wie schon jetzt im Tischtennis und Badminton praktiziert, können die Spannung weiter erhöhen. Hierbei sollte aber die Rotation beider Mannschaften nach Beendigung eines Satzes beibehalten werden müssen, um den Universalismus der Spieler:innen nicht noch weiter zu mindern. Kann es doch sonst passieren, dass in einem Satz bis 15 keine sechs Rotationen erreicht werden und nicht jede/r Spieler/in auf jeder Position agieren konnte.

Aber Achtung!

Alle diese Vorschläge müssen jedoch von mindestens zwei nationalen Verbänden als Projekt erfasst und analysiert werden, um einschätzen zu können, ob die erhofften Ziele erreichten werden. So ist beispielsweise eine Regeländerung der 1980er Jahre völlig in die falsche Richtung gelaufen, als der FIVB das Blocken des Aufschlags erlaubte. Dies führte dazu, dass die drei Netzspieler:innen des annehmenden Teams einen Feldbereich mittels Block komplett abdeckten und sich die Annahmespieler auf einen nun deutlich kleineren Bereich konzentrieren konnten. Die K1 war dadurch unfassbar im Vorteil, da der Aufschlagdruck deutlich geringer wurde.

Wir dürfen gespannt sein, ob – und wenn ja – welche Ideen umgesetzt werden…

Athanasios Papageorgiou macht sich auch weiterhin Gedanken zu möglichen Weiterentwicklungen des Volleyballspiels (Foto: Athanasios Papageorgiou  privat)

Athanasios Papageorgiou macht sich auch weiterhin Gedanken zu möglichen Weiterentwicklungen des Volleyballspiels (Foto: Athanasios Papageorgiou privat)

Entstanden ist dieser Blogpost aus einem Telefon zwischen Volleyballfreak Redakteur Tobias Goerlich und Athanasios Papageorgiou. Lies hier mehr zu Papageorgious Vita. Ein herzlicher Dank geht an Atha für seine Zeit sowie an Dr. Jimmy Czimek für das zur Verfügung stellen der aktuellen Daten zur Ballwechseldauer.

*Czimek, J. (2025, im Druck). Spielstruktur. In Czimek, J. & DVV (Hrsg.), Volleyball – Training & Coaching. Vom Jugend- zum Leistungsvolleyballer. Kombinierte Rahmentrainingskonzeption Volleyball und Beach-Volleyball des Deutschen Volleyball-Verbandes (3. überarb. Aufl., S. 22-29). Aachen: Meyer & Meyer.