Die Weihnachtsgänse sind verdaut, der Pulverdampf von Silvester hat sich gelegt – und so gut wie alle Volleyballteams treffen sich bereits die ersten Male wieder in der Sporthalle um sich auf die ersten Matches vorzubereiten.
Neues Jahr – neues Glück? Es ist höchste Zeit, sich Gedanken zu machen, wie die mittlerweile vergangene Hinrunde gelaufen ist: Gibt es Dinge, die verbessert werden können? Wurden Ziele nicht erreicht?
Hier Tipps vom VolleyballFREAK zum Drehen an den kleinen Stellschrauben um im neuen Jahr noch erfolgreicher zu sein – um so die Rückrunde zu rocken. Viel Spaß beim Lesen und Erfolg beim Umsetzen…
1. Gespräche führen
Habt ihr vor Saisonbeginn Ziele definiert, lässt sich entweder an der Tabelle oder an weiteren Kennzahlen leicht ablesen, ob ihr Eure Ziele erreicht habt – oder noch erreichen könnt. Solltet ihr mehr oder weniger stark nach unten von euren Plänen abweichen, ist es höchste Zeit, in einem ersten Schritt Gespräche zu führen:
- Woran kann es liegen, dass sich der Erfolg nicht wie erwartet eingestellt hat?
- Was kann verbessert werden?
- Setzt Euch am besten in aller Ruhe zusammen und sprecht offen miteinander
- Es sollte klar sein, dass jeder alles sagen darf – eine gewisse Gesprächskultur sollte aber natürlich eingehalten werden – gerade wenn es emotional wird: Lasst euch aussprechen, vermeidet überharte Begriffe oder Beleidigungen. Denkt dran: Volleyball ist ein Hobby was euch Spaß machen muss, Fehler macht niemand absichtlich!
- Macht euch am besten im Vorfeld Gedanken zur Struktur eures „Krisengesprächs“, gebt euch am besten eine Agenda, damit ihr eine Gesprächsstruktur habt. an der ihr euch entlanghangelt – sonst dreht man sich schnell im Kreis
- Räumt jedem Spieler/ Trainer Gesprächszeit ein
- Holt Euch bei erwartet-schweren Gesprächen evtl. eine unabhängige Person von außen dazu (z. B. die Abteilungsleitung)
2. Personelle Veränderungen
Sind die Gespräche gut gelaufen, kann es häufig hilfreich sein, frisches Blut von außen zu holen. Das kann heißen…
- sich noch einmal auf Spielersuche zu begeben. Kreative Tipps hierzu könnt ihr hier nachlesen
- schaut euch aber auch im eigenen Verein um: Gibt es weitere Optionen in der eigenen Jugend, einer tiefer-spielenden Herren-/ Damenmannschaft oder im Mixed-Bereich? Sprecht auch hier offen mit dem Trainer der weiteren beteiligten Mannschaft um eine gute Lösung für alle Teams zu finden
- kann es sinnvoll sein, intern Positionen einzelner Spieler zu ändern oder zu tauschen? Aus einem Außenangreifer einen Libero zu machen oder andersherum? Gibt es schlummernde Zuspieltalente?
- Können evtl. bereits in den Ruhestand verabschiedete Spieler kurzfristig nochmal aktiviert werden? Gerade ältere Spieler können mit ihrer Erfahrung ggf. Ruhe in ein knappes Spiel bringen
- müssen ggf. Spieler aussortiert werden, die entweder leistungsmäßig nach unten herausfallen – oder aber nicht ins Gefüge passen und das Kollektiv stören? Ist dies der Fall solltet ihr klar kommunizieren und offen Probleme ansprechen. Solche Entscheidungen sind (gerade bei langjährigen Teammitgliedern) häufig sehr schwer zu treffen – können aber helfen, das Ruder noch einmal herumzureißen
- anstatt Spieler zu suchen, gibt es auch Fälle, in denen ihr über einen Trainerwechsel nachdenken könnt. Hier gibt es natürlich einiges zu beachten:
- Überlegt Euch als Team gut, diese letzte Reißleine zu ziehen
- Sprecht etwaige Defizite oder Wünsche euerseits im Vorfeld offen an und gebt auch die Chance, das sich der Trainer verändern kann
- bevor ihr euch auf Trainersuche begebt, sprecht vorher offen. Nichts ist peinlicher und unangenehmer, als von solchen Dingen „hinter dem Rücken“ zu erfahren
- sprecht vorher mit eurer Abteilungsleitung/ Vereinsführung und holt euch das „go“ für mögliche Veränderungen
- Vor der Entlassung: Was ist Euer Plan B?
- denkt dran, dass die Suche nach einem adäquaten Trainer häufig schwer ist und vieles passen muss (sportliche, organisatorische und finanzielle Aspekte)
- gibt es potentielle Trainer, die interimsmäßig einspringen können?
- gibt es Trainer aus dem eigenen Verein, die einspringen können?
- liebäugelt ihr mit einer Spielertrainer-Option, sprecht vorher klar die Rollen ab.
- VolleyballFREAK-TIPP:Spielertrainer müssen eine große Persönlichkeit haben, müssen von allen Spielern anerkannt sein und nach Möglichkeit Führungsspieler sein und am besten 1 – 2 Klassen über dem eigenen Liganiveau agieren können
- auch ein Trainerwechsel ist kein Allheilmittel und bedeutet ein gewisses Risiko, wägt also gut ab!
3. Veränderungen im Training
Häufig lassen sich die meisten Defizite durch Änderungen im Training erreichen:
- Fehlt es an Trainingsbeteiligung? Gerade in der Saison ist nichts wichtiger, als spielnah, möglichst mit 6:6 (oder sogar 7:7 mit Liberos) zu trainieren. Ist Euer Kader dafür generell zu klein, ladet Gastspieler aus anderen Teams Eures Vereins ein oder auch aus befreundeten Teams (gerne aus einer anderen/ höheren Liga, als ihr selbst spielt)
- Fehlt es an der nötigen Einstellung? Abstiegskampf oder das Herankämpfen an die Tabellenspitze funktionieren nicht ohne Kampf – und zwar in jedem Training!
- geht ins Training und lasst den Alltag (Arbeit, Schule, Familie) draußen, konzentriert euch die volle Trainingszeit auf das Sportliche
- häufig können Power-Volleyball-Varianten oder weitere Spielformen, bei denen „die Post abgeht“ helfen, das Niveau im Training anzuheben
- animiert andere Spieler, auch im Training „laut“ zu sein und sich gegenseitig anzufeuern und um jeden Ball zu kämpfen. Trainer können das von außen einfordern, umsetzen müssen es aber letztlich die Spieler auf dem Feld
- führt Test- und Freundschaftsspiele für noch mehr Spielpraxis durch – gerade wenn ihr nur kleine Kader habt und sonst nicht die Möglichkeit habt, 6:6 zu trainieren
- einigen reicht ein unmittelbarer akustischer Hinweis für eine Verbesserung
- anderen Spielertypen kann es helfen, sich auf Video ihre Bewegung ansehen zu können (in Zeiten von Smartphone-Kameras nichts leichter als das); auch Lehrposter oder das Beobachten von anderen Spielern kann helfen oder das setzen von visuellen Markern auf dem Boden, Netz, Ball…
- manche Spieler müssen angefasst werden um Haltung und Positionen zu verstehen. Auch das Begleiten/ Führen von Bewegungsabläufen kann helfen
- kombiniert verschiedene Methoden oder lasst euch weitere kreative Ansätze einfallen
Lest hier mehr über die Rolle eines Volleyballtrainers
4. Taktische Veränderungen
Aber auch das Ändern von taktischen Vorgaben kann helfen, erfolgreicher zu spielen.
- Macht klar, dass jedem Spieler seine Aufgabe bewusst ist. Arbeitet notfalls mit Skizzen für Block- und Feldverteidigungs-Systeme
- reflektiert als Trainer eure Entscheidungen:
- Ist die Startaufstellung und Rotation richtig gewählt?
- solltet ihr euer Vertrauen verändern und andere Spieler beginnen lassen?
- müssen Aufschlag- oder Zuspieltaktiken angepasst werden?
- jede taktische Änderung muss im Training gut geprobt sein, probiert nicht bei Ligaspielen erstmals neue Varianten aus, das geht häufig „in die Hose“
5. Veränderungen an Spieltagen
Aber auch das Ändern oder Einführen von klaren Spieltagsroutinen kann helfen, optimal vorbereitet und heiß aufs Feld zu gehen:
- trefft euch frühzeitig um euch gut aufzuwärmen und an die Halle zu gewöhnen (gerade bei Auswärtsspielen oder Hallen, in denen ihr sonst nicht trainieren könnt)
- spielt bei Heimspielen Musik, die euch pusht und auf das Spiel vorbereitet
- führt die Erwärmung (Einlaufen, Kräftigen) als Team durch, das stärkt das Teamgefühl weiter und wirkt nach außen professionell und einheitlich
- überlegt euch für das Einspielen, Aufschlag-Annahme und Einschlagen sinnvolle Routinen, die ihr immer gleich durchführt. Auch das kann helfen, besser vorbereitet in das Spiel zu gehen
Erfahre hier Tipps zur optimalen Spieltagsvorbereitung
6. Und sonst noch?
Habt ihr die vorangegangen Punkte versucht umzusetzen, seid ihr schon auf einem guten Weg. Hier noch ein paar Tipps darüber hinaus, was ihr noch tun könnt:
- macht als Team etwas zusammen (Teambuilding-Maßnahmen)
- auch gemeinsam Feiern gehen kann NIE schaden
- verbindet hier auch das Angenehme mit den Nützlichen: Besucht zusammen Schiedsrichter-Lehrgänge, so ist die mögliche bittere Pille nicht mehr ganz so bitter und ihr kämpft euch zusammen durch den Lehrgang
Abschließend noch zwei Tipps:
- 1. Selbstreflektion ist ungemein wichtig: Fasst Euch zunächst an die eigene Nase: Was könnt ihr selbst verändern, bevor ihr das bei anderen (Spielern, Trainern…) einfordert
- 2. Keep calm and play Volleyball! Bleibt ruhig, als Team werdet ihr die Situation schon meistern! Denkt von Spiel zu Spiel, zerfleischt euch nicht und bleibt positiv. Gerade wenn ihr euch aus solchen schwierigen Situation gemeinsam als Team herauskämpft, geht ihr daraus gestärkt hervor.
Wie ist Eure Hinrunde gelaufen? Seit Ihr Zufrieden? Wenn ja, was habt Ihr dafür getan? Und wenn nein, was wollt Ihr ändern um das Saisonziel noch zu erreichen? Hinterlasst mir einen Kommentar hier im Blog!
Viel Spaß beim Trainieren – und auf eine erfolgreiche Rückrunde!
Euer VolleyballFREAK Steffen
Oliver Wagner
Jan 13, 2016 -
Eine tolle und sehr umfangreiche Sammlung von möglichen Knackpunkten, Steffen. Auch der Zeitpunkt der Weihnachtspause war/ist natürlich ein guter für solche Veränderungen. Aber wenn der Bedarf bereits vorher (oder erst jetzt) erkannt wird, dann müssen solche Dinge sofort besprochen werden. Niemand sollte damit auf die Weihnachtspause warten. Mir fällt der berühmte Satz ein: Störungen haben Vorrang.
Zu deinen einzelnen Tipps würde ich gerne aus meiner Sicht einige Details ergänzen. Spieler aus der eigenen Jugend oder der 2. Mannschaft hochzuziehen, ist nicht immer leicht. Dafür muss es eine sehr gute Zusammenarbeit im Verein (vor allem mit den Trainerkollegen) geben. Denn diese Spieler reißen natürlich in ihrem alten Team eine Lücke. Und auch diese Teams haben Ziele und waren vielleicht bis dahin auf einem guten Weg. Dieses Thema ist ein sehr sensibles.
Spieler rauszuwerfen halte ich auf jedem Niveau außerhalb des Profitums für keine gute Idee. Es ist die Aufgabe von Trainer und Team diese “schwierigen Fälle” zu packen und mitzuziehen. Zu schnell werden Problemen auf einen Einzelnen abgewälzt – den Trainer, einen Spieler. Ein Team kann gar nicht von einem einzelnen Mitglied abhängen. Zudem sind die meisten Vereine Breitensport orientiert und werden einen Rauswurf auch nicht mitmachen.
Die Einstellung (Einzelner) im Training ist DAS Thema im Sport. Das ist auch der Bereich, in dem Trainer und Spieler die meisten Fehler machen. Der mentale Bereich ist ein ganz eigener Fachbereich und ein ziemlich komplexer obendrein. Die meisten Verhaltensweisen, die eine gute Mitarbeit im Training und das Lernen schlechthin blockieren, sind über Jahre/Jahrzehnte antrainiert und nur sehr schwierig zu verändern. Es braucht dafür vor allem Einsicht und die Bereitschaft auf diesem Weg immer wieder schmerzhaft zu stürzen, aufzustehen und froh gelaunt weiter zu lernen 🙂 “Train ugly”, ist das Motto!