VolleyballFREAK hat für Euch mit den jüngsten A-Trainern und der jüngsten A-Trainerin gesprochen*: Warum sind sie schon so früh Trainer geworden, was sind ihre Ziele, was waren besondere Momente in ihrer bisherigen Karriere – und warum sollte man unbedingt auch Trainer werden?

In einer dreiteiligen Serie stellen wir Euch die „jungen Wilden“ vor. Heute: Der Co-Trainer des SSC Palmberg Schwerin Paul Sens.

Wenn wir mit dieser Serie junge Leute erreichen-, und sie zum Trainer werden motivieren können, haben wir unser Ziel erreicht!

Viel Spaß beim Lesen!

Hier geht es zum 1. Teil mit Verena Steinbacher

Steckbrief

Das Foto zeigt Volleyballtrainer Paul Sens im T-Shirt des SSC Palmberg Schwerin

Paul Sens gehört zu Volleyballtrainern, die wir in unserer Serie “”den jungen Wilden” vorstellen. Foto: Ecki Raff

Name: Paul Sens

Alter: 21 Jahre

Beruf: Profi-Volleyball Co-Trainer beim SSC Palmberg Schwerin

Volleyball aktiv: seit ich 7 bin. Mit 15 bin ich dann auf das Internet in Schwerin

Meine Stationen: HSG Uni Greifswald/ ESV Turbine Greifswald, Schweriner SC

Volleyball Trainer seit: 2015

Meine Stationen: Co-Trainer SSC Palmberg Schwerin, Verbands-Beachvolleyball-Trainer in Mecklenburg-Vorpommern, zeitweise Co-Trainer der A-Nationalmannschaft und der Junioren

Mein größter Erfolg als Spieler: Gewinn des A-Bundespokals U19

Mein größter Erfolg als Trainer:ist kein sportlicher: Als Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft in Schwerin im Spiel gegen die Türkei auf der Bank dabei gewesen zu sein, die Nationalhymnezu singen, das war schon toll. Auch wenn wir 0:5 verloren haben

Meine bitterste Niederlage als Trainer:Das DVV-Pokalfinale 2017, die Niederlage gegen Stuttgart

Lieber coachen oder trainieren: trainieren

Mein Ritual an Spieltagen:Kein festes. Aber – obwohl ich nicht gläubig bin – war ich vor dem Play-Off Halbfinale gegen Dresden in der Kirche. Weil ich so nervös war.

Das nervt mich am Trainer sein: Alles ist so spontan. Das ist ein Segen, aber auch ein Fluch

Auf eine einsame Insel würde ich mitnehmen: Meine Freundin

Diese Schlagzeile möchte ich mal über mich lesen:„Paul Sens wird Cheftrainer in der Bundesliga“

A-Lehrgang: „Wissen war wichtiger als das Alter!“

Paul Sens beim Training mit den ganz Kleinen.

Glückwunsch noch einmal zum bestandenen A-Trainer Schein. Laut Jimmy bist Du der jüngste deutsche A-Trainer. Was ist das für ein Gefühl?

Tatsächlich ist das von Beginn an kein besonderes Gefühl gewesen. In der A-Ausbildung wurde das auch mal thematisiert, und dann bin ich ins überlegen gekommen: Bin ich schon so weit? Als ich mit der Ausbildung angefangen habe, war ich das definitiv noch nicht. Währenddessen ist auch Druck entstanden, schließlich ist das Ganze ja meine Arbeitsberechtigung. Prestige spielt auch eine Rolle.

Wie war der Umgang Dir gegenüber beim Lehrgang? Haben die anderen Teilnehmer komisch geguckt weil Du noch so jung bist?

Das Gefühl hatte ich nie. Man muss sagen, dass während des Lehrgangs der unterschiedliche Wissensstand der einzelnen Teilnehmer eher auffällt. Darauf wurde während des Lehrgangs mehr geguckt als auf das Alter. Die anderen haben außerdem gedacht, ich wäre schon Mitte 20.

Warst Du zu Beginn sehr aufgeregt mit den älteren, zumeist erfahreneren Ex-Spielern und Trainern zusammen zu arbeiten?

Das war absolut besonders. Ich hatte z.B: Lisa Thomsen im Lehrgang mit dabei. Und Kay Matysik, der einfach ein sehr direkter Typ ist. Das war schon eine sehr lehrreiche Truppe. Weil jeder etwas Unterschiedliches mit eingebracht hat. Da dachte ich schon manchmal „Hui“: Der weiß was er will, der weiß was er macht. Da war ich schon ehrfürchtig manchen Leuten gegenüber.

Co-Trainer Paul erklärt den Angriffsschlag – Foto: Schweriner SC

Mal ehrlich: Hast Du „Welpenschutz“ im Lehrgang genossen?

Nein. Ich hatte eher das gegenteilige Gefühl. Ich bin jung, ich muss zeigen, dass ich hier hingehöre und es verdient habe.

Mit welchem Teilnehmer hattest Du am meisten Spaß bzw. hast Du am meisten von gelernt?

Ich denke mit und von Kay. Wir waren zusammen in einer Lehrprobengruppe, später habe ich ihn in Berlin besucht und mir ein Beach Training von ihm angeschaut. Aber auch von Lisa Thomsen habe ich viel mitgenommen.

Jimmy sagt, der A-Schein vergleichbar mit dem Autoführerschein: Wirklich fahren lernt man erst hinterher. Siehst du das auch so?

Ja, das stimmt. Es kommt immer darauf an, wie lange man schon Trainer ist. Wenn man erst wenig Training gegeben hat, lernt man das erst hinterher. Es gibt aber andere Fälle, wo Leute schon lange Training geben und unfassbar viel Ahnung haben, die haben dann z.B. nicht mal eine C Lizenz. Diese Lizenz alleine oder was darauf steht rechtfertigt noch nicht, dass man ein guter Trainer ist.

Gab es in der Ausbildung Rückschläge die Dich haben zweifeln lassen ob das das Richtige für Dich ist?

Nein. Aber speziell bei der Besprechung der Lehrproben wird sehr offen Kritik geübt. Das kann einen sicher an Grenzen führen. Ich durfte leider keine Lehrprobe halten, habe aber im nachhinein gedacht: Hups, bei der Kritik oder dem Feedback hätte ich sicher schlucken müssen. Das waren dann aber keine Rückschlage, sondern eher kleine Denkzettel, sich und seine Übungen noch einmal neu zu überdenken.

„Ich würde gerne auch Erfahrungen im Ausland sammeln!“

Das Foto zeigt Paul Sens in der Auszeit beim SCC Palmberg Schwerin

Paul ist auch in den Auszeiten und Satzpausen immer ganz nah beim Team. Foto: © MiDiGrafie

Wie bist Du zum Volleyball gekommen?

Am Ende der ersten Klasse haben mich zwei Klassenkameraden zum Volleyball mitgenommen, da war ich sieben.

Spielst Du noch selbst? Wie hoch?

Ja, als Spielertrainer beim MSV Pampow. Wir haben einen Verein neu gegründet und müssen uns jetzt von unten hochspielen. Dass Ziel ist schon, in ein paar Jahren Regionalliga oder Dritte Liga zu spielen. Ich muss aber auch immer schauen, wie lange ich noch hier bin.

Das heißt, Du schaust schon mach Trainerstellen?

Genau, irgendwo draußen Erfahrungen sammeln, eventuell auch im Ausland.

Wie bist Du Trainer geworden?

Das war nicht geplant. Ich war schon immer ein sehr leidenschaftlicher Volleyballer – ein sehr leidenschaftlicher! Leider war ich mit meinem Talent limitiert. Dementsprechend wollte ich schon mit Volleyball abschließen. Dann habe ich Felix Koslowski über meinen alten Trainer Willi Holz kennen gelernt. Und Willi war selbst früher Felix‘ Trainer. Felix hat dann einen Co-Trainer gesucht, dem er alles beibringen kann. Willi Holz hat dann mich vorgeschlagen. Da stand ich kurz vorm Abi und habe mir gedacht: Mensch, was Besseres kann es doch gar nicht geben. Da war ich gerade 18 geworden. Ich habe mir gesagt: Das probiere ich ein paar Jahre aus. Wenn es nichts wird, kann ich immer noch studieren. Ich bin dem Verein sehr dankbar dafür, dass er mir diese Chance gegeben hat. Ich hoffe, dass ich den Verein jetzt einiges zurückgeben kann.

Hast Du Trainer-Vorbilder?

Ja, einzelne Teile schaue ich mir von Trainern ab. Einige haben vielleicht große Erfolge, aber menschliche Defizite. Deswegen würde ich nie einen Trainer allein als Vorbild nehmen. Ich versuche immer, das Beste von allen zu nehmen, zu reflektieren und zu verbessern und ein eigenes Konzept zu erarbeiten. Das Meiste was ich weiß und was ich kann, weiß ich von Felix. Er ist einfach extrem gut: im Umgang mit Spielern, mit Medien, mit Sponsoren. Felix ist ein guter Trainer, eine gute Persönlichkeit und ein guter Mensch. Viel mitgenommen habe ich auch von Manuel Hartmann, jetzt Bundestrainer der Junioren. Weitere wichtige Impulse hat Martin Frydnes mir mitgegeben. Ich habe ein bisschen was gesehen vom japanischen Trainer Gen Kawakita. Als wir in Kienbaum trainiert haben, habe ich bei seinem Training zugesehen und ein paar Dinge aufgeschnappt. Das macht schon Spaß.

Hattest Du schon mal Autoritätsprobleme? Wie bist Du damit umgegangen?

Ja, ohne Frage. Ich habe das meist versucht wegzulächeln. Dinge erzwingen bringt gar nichts, da machst du dich nur zum „Obst der Woche“. Man muss versuchen, das was man sagt sinnvoll erscheinen zu lassen – dass es der richtige Weg ist. Bei Spielerinnen ist das zum Beispiel auch weniger ein Problem als bei Trainerkollegen. Mit Spielerinnen hätte ich nur in meinem ersten Jahr kleinere Probleme, danach nie wieder.

„Als Frauen Co-Trainer musst du Bälle hart schlagen können!“

Das Foto zeigt Paul beim Schlagen eines Ball während des Aufwärmens zu einem Spiel

Paul bringt die Mädels vom SCC auf Betriebstemperatur – Foto: Eckhard Mai

Ist Volleyballtrainer Dein Traumjob?

Ja.

Was ist Dein persönliches Ziel für diese Saison?

Meine persönlichen Ziele ist tatsächlich, dass ich ein bisschen strukturierter werde. Ich habe viel mit Spielvorbereitung zu tun. Und da kann schon mal ein bisschen was durcheinander kommen: Ich habe Videos noch nicht geschaut,oder es sind kleine Fehler in meinen Papieren. Das ist noch mein Schwachpunkt. Ich bin aber auf einem guten Weg, kann aber immer noch besser werden. Das Spiel für nächsten Dienstag fehlt mir zum Beispiel noch (lacht).

Und was sind Deine Ziele für Euer Team?

Nach dem Supercup jetzt noch Meisterschaft und Pokalsieg holen. Es wäre ein Traum in die Champions League KO-Phase zukommen.

Welches sind Deine genauen Aufgaben aktuell bei SSC Palmberg Schwerin?

Meine Aufgabe ist überwiegend das Vorbereiten der Spiele. Ich habe viel mit Excel-Tabellen im Büro zu tun: Auf den gegnerischen Angriff schauen, das Zuspiel, den Aufschlag. Was machen Sie wann? Und ich helfe natürlich im Training. Manchmal muss ich eine gegnerische Spielerin imitieren. Mal muss ich nur Bälle einspielen, oder eine Übung koordinieren und leiten, mitarbeiten an technischen Bildern: Was fehlt, was kann besser? Solche Sachen.

„Merken sie sich das Gesicht, in ein paar Jahren ist er auch berühmt und Cheftrainer!“

Das Foto zeigt Paul Sens mit Cheftrainer Felix Koslowski und Co-Trainer Martin Frydnes

Paul Sens im Austausch mit Cheftrainer Felix Koslowski und Co-Trainer Martin Frydnes – Foto: Eckhard Mai

Gibt es aus Deiner Sicht besondere Herausforderungen an Dich als Jung-Trainer im Umgang mit Athleten?

Als Frauen Co-Trainer musst du Bälle schlagen können, hart geschlagen. Unsere japanische Spielerin Nanaka Sakamoto lächelt schon immer, wenn MartinFrydnes und ich Bälle schlagen. Japanische Trainer können hauen, da kannst du Münzen aufs Feld legen und die können die Münzen weghauen, und das hart. In meinem ersten Jahr war ich anfangs ultra nervös. Da stand ich als 18-jähriger vor gestandenen Spielerinnen und sollte Bälle schlagen und eine Übung organisieren, damit war ich maßlos überfordert. Ich bin dann extra in die Halle gekommen um das Schlagen zu üben. Mittlerweile geht es. Aber: Besser geht immer. Dabei muss man aber auch wirklich auf seine Schulter aufpassen. Ich mache dafür gezielt Krafttraining.Neulich hat sich eine ehemalige Spielerin Lousi Souza Ziegler gemeldet: Paul, schön zusehen wie du dich verbessert hast. Das hat mich gefreut.

Wie sieht es mit Medien aus. Hast Du hier schon Erfahrungen gemacht?

Medien ist ein gutes Stichwort. Bei der ersten Pressekonferenz, die ich mitgemacht habe, wurde ich etwas gefragt und war total überfordert mit der Situation. Glücklicherweise hat unser Manager geantwortet: „Merken sie sich das Gesicht, in ein paar Jahren ist er auch berühmt und Cheftrainer.“

Hast Du eine Lieblingsübung als Trainer?

So richtig Spaß finden die meisten am Bagger-Tennis. 2 gegen 2, mit einem Kontakt. Und eine der Spielerinnen hat noch einen großen Gymnastikball in der Hand. Entweder passt sie diesen vorher zu ihrer Partnerin oder sie spielt den Volleyball mit dem Gymnastikball.

Was denkst Du ist Dein größter Erfolg bei der Arbeit mit einem Spieler gewesen?

Das ist sicher die Annahme bei Elisa Lohmann. Sie steht bei der Annahme immer auf den Haken und geht nicht aktiv in den Ball rein. Dann habe ich ihr ein Gummiband um die Hüfte gelegt und kräftig dran gezogen. Ihr Oberschenkel muss explodiert sein, wir haben das zwei bis drei Wochen gemacht. Aber es hat dann die Wirkung erzielt. Das war die Grundlage. Bei den ersten Annahmen schafft sie es mittlerweile, am Ende eines Trainings noch nicht. Aber das kriegen wir Schritt für Schritt noch hin.

Wir stellen uns vor, Du kannst etwas an Volleyball ändern: Was wäre das und warum?

Ich denke, ich würde die Sätze kürzer machen, dafür aber ein paar mehr Sätze, wie im Tischtennis. Unser Athletiktrainer Michael Döring sagt immer: So richtig interessant wird Volleyball erst bei 20:20. Ein bisschen hat er damit recht.

Die letzte Frage: Warum sollte auch andere junge Spieler Trainer werden?

Das ist eine schwere Frage. Im Volleyball dauert es extrem lange, bis das Spiel gut aussieht. Aber: Es ist einfach ein extrem geiler Sport. Im Fußball und Basketball kann man den Ball anhalten, im Volleyball nicht. Da muss der Ball immer direkt weitergespielt werden. Das macht Volleyball so besonders und fordert Bewegungsapparat, Koordination und Körpergefühl ungemein.Dies zu lehren und besser zu machen, ist es wert. Es ist schön, das Wissen, was mir gegeben wurde, weiterzugeben. Das was ich selbst nicht perfekt umsetzen konnte, jetzt an andere weiter zu geben damit sie gute Spieler werden können.

Paul, vielen Dank für das Interview. VolleyballFREAK wünscht Dir für Deine Zukunft alles Gute und viel Spaß und Erfolg bei Deinen nächsten Schritten als Trainer!

*Laut Ausbilder Jimmy Czimek der jüngste A-Trainer, seit er für die Ausbildung zuständig ist. Für die Jahre unter Athanasios Papageorgiou gibt es keine belastbaren Daten mehr.

Das Interview führte VolleyballFREAK Redakteur Tobias Goerlich. Bereits kurze Zeit nach dem Start des Blogs in 2014 schreibt Tobias regelmäßig für den VolleyballFREAK. Mehr zu Tobias hier