Der Bänderriss im Sprunggelenk

Im zweiten Teil der großen Serie zu den bekanntesten Verletzungsbildern im Volleyball hier eine Verletzung, die als „Klassiker“ gilt, da leider die meisten Spieler im Laufe einer langen Karriere mindestens einmal an ihr leiden: Gemeint ist

  • Der Bänderriss im Sprunggelenk
  • Oder auch (Außen-)Bandruptur im oberen Sprunggelenk (der häufigste Fall)

genannt.

Wichtig vorab: Lasst Euch von Horrorgeschichten (Monate langen Pausen, „gehaltene“ Aufnahme im Krankenhaus => veraltete Behandlung/ Test nicht verrückt machen). Mit einer guten Erstversorgung und begleitender Physiotherapie steht ihr nach einigen Wochen in der Regel schon wieder auf dem Feld.

An dieser Stelle könnt ihr zur Anatomie, Ursachen, Symptome, Diagnose und Trainingstherapie mit hilfreichen Übungen und Tests bei einem erlittenen Bänderriss nachlesen. Abschließend noch Gadgets um schneller wieder ins Training einsteigen zu können sowie Material für die perfekte Erstversorgung von Verletzungen aller Art in der Sporthalle.

VolleyballFREAK-Hinweis: Habt ihr Euch das Sprunggelenk verletzt, ersetzt das Lesen dieses Posts nicht den Besuch beim (Vereins-) Arzt und/ oder Physiotherapeuten für eine genaue Diagnose und Therapie!!!

Anatomische Grundlagen des Sprunggelenks

Etwa jede 4. Verletzung im Sport ist eine Bandverletzung im oberen Sprunggelenk. Dieses Gelenk verbindet den Fuß und Unterschenkel miteinander und dient als „Stoßdämpfer“. Stabilität verleiht dem Gelenk ein System aus Bändern. Das Außenband hat drei Anteile und zieht vom Waden- zum Sprung- und Fersenbein. Das durch langwierige Verletzungen bekannt-gewordene Syndesmoseband zieht vom Waden zum Schienbein und kann bei Sprunggelenksverletzungen ebenfalls in Mittleidenschaft gezogen werden.

Am häufigsten sind die Außenbänder betroffen, diese können überdehnt, gezerrt oder auch reißen (Ruptur).

Das obere Sprunggelenk ist an Auf- und Abwärtsbewegungen beteiligt, das untere Sprunggelenk für die seitlichen Bewegungen.

Ursachen des Bänderrisses im Sprunggelenk

Klassischer Weise entstehen Bänderrisse im Fußgelenk durch das Umknicken des Fußes nach innen, etwa, wenn der Angreifer auf dem Fuß des Blockspielers landet. Im Alltag kann auch ein Umknicken beim Laufen mit hohen Schuhen passieren.

Der Grund ist in der Anatomie zu suchen. Im Hochzehenstand neigt der Fuß durch den Zug der Achillessehne dazu, sich nach innen zu drehen. Im Zusammenspiel mit der Wadenmuskulatur wird diese Stellung noch weiter begünstigt.

Beim Laufen oder Landen nach einem Sprung kann bei dieser Fußstellung das Außenband –zumeist das vordere – reißen. Knickt der Fuß nach innen um, kann aber auch das Innenband gedehnt werden und reißen. Dieser Fall tritt seltener auf.

Eine wirksame Vorbeugung ist schwer. Einzig spezielle Schuhe oder Bandagen können wirkungsvoll vor Verletzungen schützten. Als zusätzliche Möglichkeit bietet sich sensomotorisches Propriozeptionstraining (Wahrnehmung von Körperbewegungen und der Lage von Körperteilen zueinander), etwa Übungen auf dem Therapiekreisel u.ä. (Übungen weiter unten). So können Bewegungsmuster automatisiert werden und das Gelenk stabilisiert. Einen 100% igen Schutz bieten sie aber nicht.

Symptome eines Bänderrisses

Jeder der schon einmal einen Bänderriss am eigene Leib erlitten hat, erinnert sich an den Schmerz. Zumeist (unter dem ersten Schreck) ist dieser größer als nach einigen Minuten. Dennoch sorgen das schnelle, starke Anschwellen zusammen mit dem Bluterguss (Venenriss) für Schmerzen. Auftreten ist möglich aber zumeist schmerzhaft. Ob ein Riss oder nur eine Dehnung vorliegt ist schwer zu unterscheiden, zu unterschiedlich sind die empfundenen Schmerzen jedes einzelnen. Bei einem Riss ist die Unsicherheit und Instabilität des Fußes allerdings sehr groß.

Nach einem Umknicken sollte ein Arzt aufgesucht werden – auch, wenn die Schmerzen nach der Erstbehandlung schon wieder nachgelassen haben. Andernfalls können dauerhafte Gelenkprobleme drohen oder auch etwaige Beiverletzungen (Risse anderer Bänder, Knöchenbrüche) können nicht erkannt und behandelt werden. Alles kann in Zukunft zu weiteren Verletzungen führen. Auch kann es zu Fehlbelastungen kommen und somit zu größeren Gelenkverschleiß.

Hier Tipps für die optimale Erstbehandlung um die Symptome möglichst gering zu halten:

Erstversorgung eines Bänderrisses: PECH-Prinzip!

Geht bei Sportverletzungen, wie Bandrupturen, Zerrungen oder Verstauchungen o.ä. nach dem „PECH“-Prinzip vor. Diese Eselsbrücke ist ein Akronym aus

  • Pause machen und aus dem Training/ Wettkampf aussteigen
  • Eisbehandlung mit Spray, Kühlpack oder echtem Eis
  • Comression (Kompression oder Druckbehandlung mit Händen, Tape oder Verband)
  • Hochlagern. Der Fuß/ das Gelenk soll höher als das Herz gelagert werden (auf einem Kasten) damit das betreffende Gelenk nicht „einblutet“und unnötig dick wird.

Eine gute, schnelle Erstbehandlung ist die „halbe Miete“ und verringert die Zeit der Genesung beträchtlich. All diese Maßnahmen machen einen Arztbesuch bei einem Mediziner Eures Vertrauens aber nicht überflüssig!

Hier noch einige gute Tipps aus der (Vereins-)Praxis an Euch:

VolleyballFREAK-TIPP #1: Regelmäßig – vor der Saison – zur Weihnachtspause – und natürlich wenn es Anlass dazu gibt, sollten die Erste Hilfe Kästen auf Bestand kontrolliert und wieder frisch aufgefüllt werden. Sonst steht man beim nächsten Einsatz evtl. ohne Tape, Pflaster, Eisspray oder Kühlpack in der Halle.

VolleyballFREAK-TIPP #2: Kauft für den gesamten Verein (alle Abteilungen) Eisspray, Tape und Verbandsmaterial nach: Größere Bestellungen können helfen, Geld zu sparen.

VolleyballFREAK-TIPP #3: In jedem Team/ Abteilung sollte es einen Ansprechpartner geben, der die Bestände im Blick hat und frühzeitig Material nachbestellt.

VolleyballFREAK-TIPP #4: Eure Trainer und Übungsleiter sollten sich regelmäßig ihre 1. Hilfe-Scheine auffrischen lassen um schnell und richtig helfen zu können.

Diagnose von Bänderrissen im Sprunggelenk

Seid ihr beim Arzt oder in der Klinik, erkennt der Arzt durch die Untersuchung des Gelenks sowie begleitende Blutergüsse die Verletzung. Um Brüche auszuschließen erfolgt meist auch ein Röntgen des Gelenks. Entscheidend ist jedoch die veränderte Beweglichkeit im Gelenk.

Früher erfolgte häufig eine „gehaltene Aufnahme“. Dabei wurde der Fuß in eine Halterung eingespannt und aufgedehnt um beim Röntgen die Stabilität des Gelenks einschätzen zu können. Das war zum einen schmerzhaft, zum anderen konnte die Verletzung dadurch noch verschlimmert werden.

Um eine Zerrung von einem Bänderriss zu unterscheiden erfolgt der „Schubladentest“: Der Arzt prüft, ob sich das Sprungbein nach vorne gegen das Schienbein verschieben lässt. Hierbei liegt der Patient auf dem Rücken, der Arzt hält mit einer Hand die Ferse und drückt mit der anderen Hand gegen das Schienbein. Bei einer Zerrung ist keine Schubladenbewegung möglich. Ist der vordere Anteil des Außenbandes gerissen (häufigster Fall), kann das Sprunggelenk deutlich nach vorne geschoben werden.

Bei einem Riss des mittleren Bandanteiles ist das Gelenk auch seitlich zu verschieben.

Da die Beweglichkeit der Bänder bei jedem Menschen unterschiedlich ist, untersucht der Arzt auch immer als Vergleich die unverletzte Seite mit.

Schwierig machen können die Diagnose ein Untersuchen nach 48 Stunden, da es dann schon zu Verklebungen gekommen sein kann. Auch kann starkes Einbluten/ eine starke Schwellung die Untersuchung einschränken, deshalb geht zeitnah zum Arzt!

Die Grenzen dieses Verfahrens liegen vor allem bei Verletzungen, die älter sind als 48 Stunden. Nach dieser Zeit haben sich bei einem Riss erste Verklebungen der Bänder ausgebildet. Sie könnten durch die Untersuchung wieder aufreißen und zu einer gestörten Narbenbildung mit dauerhafter Instabilität führen. Auch sehr ausgeprägte Schwellungen können die Aussagekraft der Untersuchung einschränken.

Mit Hilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) kann man die Bänder und möglichen Begleitverletzungen genau ansehen. Entscheidend für die Behandlung ist, ob überhaupt ein Bänderriss vorliegt.

Therapie von Bänderrissen im Sprunggelenk

Ein einfacher Riss der Außenbänder kann meist ohne Operation behandelt werden.

In den ersten Tagen besteht die Therapie eines Bänderrisses vor allem im Schonen, Hochlagern und Kühlen.

VolleyballFREAK-TIPP: Das Eis nicht direkt auf die Haut legen, ansonsten drohen Erfrierungen.

Weiter können auch kühlende Wickel angewendet werden. Durch diese Maßnahmen nimmt die Schwellung des Gelenkes ab und der Schmerz lässt nach.

Die „konservative“ Therapie von Bänderrissen

In den meisten Fällen ist eine konservative Therapie möglich – d.h. eine Therapie ohne Operation. Der Patient bekommt eine Gehschiene (häufig Aircast). Diese ermöglicht ein normales Abrollen des Fußes beim Gehen, verhindert aber gleichzeitig das erneute Umknicken. Diese Therapieform vermeidet den Muskelabbau. Die Schiene wird üblicherweise ca. sechs Wochen Tag und Nacht getragen. Hier sind aber große, individuelle Unterschiede zu beachten.

Wenn der Bänderriss operiert werden muss

Bei der konservativen Behandlung eines Bänderrisses muss das betroffene Gelenk über viele Wochen geschont werden. Wenn mehrere Bänder gerissen sind und das Gelenk sehr instabil ist, sowie Knochen oder Knorpelverletzungen am Sprunggelenk diagnostiziert wurden, kann eine OP ratsam sein.

Auch wenn das Gelenk immer wieder umknickt, kann unter Umständen eine Operation angebracht sein.

Beide Therapieformen können das Gelenk wieder uneingeschränkt belastbar machen.

Es sollte vermieden werden, dass das Gelenk lange immobil (durch Schienen, Gips…) ist.

Folgend die 4 Phasen der Therapie:

Phase 1

Zu Beginn gilt es, die akuten oder postoperativen Beschwerden (Schmerzen, Schwellungen) zu behandeln

Phase 2

Schmerzen und Schwellungen sollten voll abgeklungen sein. Es folgen Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts (siehe unten)

Phase 3

Das Gleichgewichtstraining wird intensiviert, die Zugbelastungen erhöht. Muskelaufbautraining erfolgt parallel hierzu.

Phase 4

Einstieg in den Alltag, Sport und Beruf. Begleitendes Heimtraining ist obligatorisch. Abschließend erfolgt ein finaler Test (Beweglichkeit, Stabilität des Gelenks)

Fußgelenksübungen zur Prophylaxe – und zur Therapie

An dieser Stelle nun Übungen, die verhindern sollen, dass es überhaupt erst zu Problemen mit dem Sprunggelenk kommt. Prophylaxe ist immer besser als das Behandeln eines Problems, auch wenn diese keine 100% igen Schutz gegen Verletzungen bieten können.

Aber auch Übungen, um Euch schnell wieder fit aufs Feld zu bekommen

Vorab:

  • Versucht im Training immer beide Seiten (Angriff mit beiden Armen) zu trainieren, in diesem Fall: Trainiert auch das gesunde Gelenk
  • achtet bei der technischen Ausführung aller Übungen und Volleyballtechniken darauf, dass ihr keine Schmerzen habt (hilfreich können hierfür Videoanalyse sowie die Tipps von Euren Trainern sein)

Propriozeptionstraining

Unter Propriozeption versteht man die Wahrnehmung von Körperbewegungen und der Lage von Körperteilen zueinander, Training soll diese verbessern. (Teil-)gerissene Bänder müssen erst wieder lernen zu „verstehen“, in welcher Lage sich das Gelenk und der Körper befindet. Hier helfen Übungen mit verschiedenen Hilfsmitteln wie

  • Balancieren auf dem Therapiekreisel oder auch Tennisbällen
  • Übungen mit dem Theraband

Übung 1: Hochzehenstand

  1. Zunächst auf beiden Füßen etwa schulterbreit stehen. Langsames heben auf die Zehenspitzen und versuchen, ruhig zu stehen. Die Arme helfen beim Ausgleich. Tipp: Sucht einen Punkt an der Wand den ihr fixiert, das hilft beim Ruhig stehen. Langsames Absenken. Mit Übung werdet ihr immer besser und könnt länger/ ruhiger stehen.
  2. Auf dem gesunden Fuß einbeinig ausführen
  3. Auf dem verletzen Fuß einbeinig durchführen
  4. alle Varianten, aber mit geschlossenen Augen

Jeweils ca. 20-30 sec. halten, bis zu 2x durchführen

Übung 2: Zehen heben

  1. Zunächst auf beiden Füßen etwa schulterbreit stehen. Langsames Heben der Zehen und stehen auf der Ferse. Siehe Tipps zum stabilen Stehen aus Übung 1
  2. Auf dem gesunden Fuß einbeinig ausführen
  3. Auf dem verletzen Fuß einbeinig durchführen
  4. alle Varianten aber mit geschlossenen Augen

Jeweils ca. 20 sec. Halten, bis zu 2x durchführen

Übung 3: Fußkantenlaufen

Gehen auf der Fuß-Außenkante, barfuß und mit Sportschuhen, geradeaus und Kurven. Die Arme stabilisieren. Auch mit geschlossenen Augen möglich (mit Partner an der Seite)

3 x 20 Meter (je nach Platz) -> Safety first!

4. Übung Sprünge

a) Beidbeinige Sprünge (schulterbreiter Stand) auf der Stelle, vorwärts, rückwärts, seitwärts, kurvig um Linien/ Hütchen, auf verschiedenen Untergründen (Matten)

b) einbeinige Sprünge auf dem gesunden Fuß, Ausführungen siehe oben

c) einbeinige Sprünge auf dem geschädigten Fuß, Ausführungen siehe oben

jeweils ca. 20 Sprünge

5. Balancieren mit Hilfsmitteln

  1. Beidbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel/ Wackelbrett
  2. Beidbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel: Kniebeugen ausführen
  3. Beidbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel: einen zugeworfenen Ball fangen/ pritschen/ baggern
  4. Einbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel: gesunder Fuß
  5. Einbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel: geschädigter Fuß
  6. Einbeiniger Stand auf einem Therapiekreisel: Erweiterungen siehe 2.) / 3.)
  7. alternativ können auch 2 ältere, weiche Tennisbälle verwendetet werden (einer je Fuß)
  8. in der Halle spielen auf einer Weichbodenmatte

jeweils >= 20 sec.

6. Stabilisieren mit dem Theraband

a) Sitzen im Langsitz. Ein Theraband um beide Hände gewickelt und um einen Fuß (gesund/ geschädigt) gelegt. Der Fuß streckt sich gegen den Widerstand des Therabandes. Der Widerstand kann durch die Zugstärke variiert werden

b) wie oben, aber das Theraband ist um beide Füße gelegt

je ca. 20 Mal

7. Mobilisieren

a) Beidbeiniger Stand, ein Fuß wird auf die Fußspitze gestellt und im Kreis (bei aufgesetzer Fußspitze) bewegt. Sowohl rechts- als auch linksherum. Für beide Füße ausführen

b) Langsitz: Die Füße werden einzeln/ parallel kreisend bewegt (zueinander/ gegengleich)

je ca. 15 sec.

VolleyballFREAK-TIPP #1: Tragt Bandagen (Aircast…) nicht dauerhaft, da sich die Bänder so nicht wieder daran gewöhnen können mit „Stress“ umzugehen und diese in der Zukunft nicht mehr zuverlässig arbeiten können!

VolleyballFREAK-TIPP #2: Tragt ihr hohe Schuhe zur Bänderriss-Prophylaxe steigt das Risiko auf Knochenbrüche

VolleyballFREAK-TIPP #3: Tragt nach einem verheilten Bänderriss nicht direkt wieder hohe Schuhe mit Absatz/ Stöckelschuhe

VolleyballFREAK-TIPP #4: Spaziergänge auf ungepflasterten Wegen (im Wald) ist sehr hilfreich. Hier müssen die Bänder dauerhaft ausgleichen

Dehnen

  • In Vorbereitung auf Volleyballtraining muss nicht intensiv gedehnt werden
  • gibt es aber bestehende Probleme oder Dysbalancen können diese durch gezieltes Dehnen abgeschwächt werden

Ereignet sich die Verletzung im Rahmen eines Wettkampfes, lasst der besseren Dokumentation wegen die Verletzung in den Spielberichtsbogen eintragen. Das kann es einfacher machen, spätere Ansprüche durchzusetzen!

Ist die Versorgung der Verletzung erfolgreich passiert, heißt es…

Die Verletzung der Vereins-Versicherung melden!

Videos mit Stabilitäts- und Kräftigungsübungen

(viele weitere gute Videos sind leider immer mit kommerziellen Hintergrund und wollen (überflüssige) Gadgets verkaufen

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