“Refugees Welcome” hört und liest man in den Medien und auf den sozialen Netzwerken immer wieder. Täglich passieren mehrere tausend Flüchtlinge unsere Grenzen. Damit einher wird es in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren viele Änderungen in unserem täglichen Leben geben. Welche Chancen und Probleme für den Volleyball entstehen (können), möchte ich in diesem Artikel versuchen aufzudecken. Dazu versuche ich, einige Ideen für mögliche Maßnahmen aufzuzeigen
Bevor ich aber weiter in die Thematik einsteige, möchte ich noch eines deutlich hervorheben. Dies soll kein Artikel gegen Flüchtlinge werden. Im Prinzip haben wir Luxusprobleme, verglichen mit den Flüchtlingen aus Syrien, welche ihre Heimat aufgrund des Krieges aufgegeben haben. Vielmehr soll dieser Post auf die Not, aber auch Chancen der Vereine aufmerksam machen und mit euch lieben Bloglesern in einen Dialog und Erfahrungsaustausch schaffen.
Dann lege ich mal los!
Sperrungen der Sporthallen
Sucht man momentan in den Medien konkret nach den Schlagworten “Hallensperrung” und “Flüchtlinge”, so zeichnet sich überall ein ähnliches Bild ab. Zitate wie “Das ist katastrophal für den Sport” oder “das ist ein harter Einschnitt in den Sport” liest man dort sehr häufig. Aber es ist ja auch klar, wenn die Trainingszeiten von heute auf morgen ohne jede Vorwarnung einfach entfallen, dann stehen die Vereine einfach auf der Straße! Gerade für Jugendliche ist dies kritisch, da diese meistens an dem Ort gebunden sind und nicht so einfach wie Erwachsene mit dem Auto in die nächste Stadt bzw. in den nächsten Stadtteil fahren können. Auch im Volleyball lese ich in letzter Zeit immer wieder von Hallensperrungen. Die Umfunktionierung der Spielstätte Ernst-Grube-Halle 2. Ligateam L.E. Volleys aus Leipzig Anfang September ist da wohl eines der prominentesten Beispiele.
Warum werden gerade Sporthallen gesperrt?
Turnhallen bieten in der Regel intakte Sanitäranlagen, beispielsweise Duschen und Toiletten sowie eine Menge Platz, um eine größere Anzahl an Flüchtlingen unterzubringen, die teilweise recht kurzfristig auf Städte und Gemeinden verteilt werden. Diese Tatsache macht es für die Kommunen sehr einfach, dort eine entsprechende Flüchtlingsunterkunft einzurichten. Sie brauchen letztlich “nur” noch Betten, Stühle, Tische usw. Bereitstellen – und fertig. Aber dadurch ergeben sich große Probleme für den Sport!
Auswirkungen für die Vereine und Mannschaften
Der Wegfall von Hallenzeiten durch die Sperrungen hat einige negative Auswirkungen für die Mannschaften und Vereine sowie auch auf den Schulsport. Hiervon sind eigentlich alle Hallensportarten betroffen.
Der 1. Punkt ist eine ungewollte Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil der Mannschaften, welche gar nicht mehr oder nur unregelmäßig trainieren können. Für Vereine ist eine Hallensperrung noch viel schlimmer.
Durch die wegfallenden Hallenzeiten und damit auch gestrichene Sportangebote laufen den Vereinen die Mitglieder weg! Die ersten Anzeichen dafür gibt es auch in meinem Verein, zum Glück sind wir jedoch von Kündigungen noch nicht so stark betroffen! Dies kann unter finanziell durchaus existenzbedrohend werden und den ein oder anderen Verein in die Zahlungsunfähigkeit treiben.
Weiterhin sehe ich große Probleme in Bezug auf den Hallenboden. Jeder kennt sicher aus eigener Erfahrung, dass die Hallenwarte penibel darauf achten, dass die Sportler streifenfreie, saubere Sportschuhe in der Turnhalle tragen. Gerade in neuen Hallen müssen Straßenschuhe ausgezogen werden und die Böden sind mit Socken zu betreten. Plötzlich ist dies aber überhaupt kein Problem mehr. Das Mobiliar (Betten, Bierbänke usw.) wird nicht selten auf dem blanken Hallenboden aufgestellt, wie man bei diesen Bildern auf Google sieht. Dazu stelle ich jetzt mal die gewagte These auf, dass einige Hallen nach der Wiederfreigabe erst einmal renoviert werden müssen, weil der Hallenboden unbrauchbar ist!? Sprich, die Hallen werden über die andere Nutzung hinaus deutlich länger von einer Sperrung betroffen sein.
Aus Sicht der Flüchtlinge sind Sporthallen auch nicht optimal. Häufig mangelt es an Privatsphäre bei der Unterbringung. Anders als in richtigen Wohneinheiten finden in den Sporthallen die räumliche Abtrennung nur durch dünne Sperrholzplatten, Bettlaken oder – im schlimmsten Fall – überhaupt nicht statt. Dies hat dann nicht einmal mehr Landschulheimcharakter!
Welche Gegenmaßnahmen bei Hallensperrungen können ergriffen werden?
In diesen harten Zeiten müssen wir nicht nur mit den Flüchtlingen näher zusammenrücken, sondern auch die Vereine untereinander sollten schauen, dass man sich gegenseitig aushilft. Gibt es vielleicht irgendwo noch freie Hallenzeiten, die offiziell zwar belegt sind, aber intern statt 3 Hallendritteln nur 2 effektiv genutzt werden? Dann sollte man schauen, dass diese temporär anderen betroffenen Vereinen zur Verfügung gestellt werden könnten.
Ein interessanter Ansatz wäre die Möglichkeit, die Schließungszeiten zu verlängern! In vielen Hallen gehen ab 22 Uhr die Lichter aus! Hier könnten man die Zeiten auf 23 oder gar 24 Uhr ausdehnen, um der Hallenknappheit entgegenzuwirken – so wie es beispielsweise in Wermelskirchen umgesetzt wurde. Bestimmt wird es hier wieder irgendwelche Lärmschutzbestimmungen geben, aber sicher wird es für einige Hallen kein Problem sein. Bei den anderen sollten die bürokratischen Hürden temporär heruntergeschraubt werden.
In der Regel stehen städtische Sporthallen auch nur Sportvereinen aus dem selben Ort zur Verfügung. Ich selbst habe diese Erfahrung im letzten Jahr gemacht, als wir für den TVA Fischenich verzweifelt 20 Uhr-Zeiten in den umliegenden Städten gesucht haben. Meist wurden wir zurückgewiesen, weil wir als Verein nicht im örtlichen Stadtsportbund Mitglied waren. Sollte hier jemand andere Regelungen kennen, dann hinterlasst mir bitte einen Kommentar! Daher wäre meine Forderung, freie Hallenkapazitäten auch Vereinen anderer Städte temporär zur Verfügung zu stellen. Gerne mit vierteljähriger oder halbjähriger Prüfung. Priorität bei der Vergabe sollten aber trotzdem innerstädtische Verein haben.
Eine weitere Maßnahme aus meiner Sicht wäre der schnellstmögliche Umbau von leerstehenden Bürogebäuden, Kasernen, Industriegebäuden sowie ungenutzten Messeflächen zu Flüchtlingsheimen, um damit zügig Wohnraum in großem Umfang zu schaffen.
In unserem Verein TVA Fischenich haben wir mittlerweile eine Art Rotationsprinzip eingeführt. Bei uns ist eine Volleyballmannschaft von der Sperrung einer Einfachhalle betroffen. Damit bei dieser aber nicht die komplette Trainingseinheit ausfällt, haben wir eine Rotation mit 3 anderen Mannschaften aus dem Verein initiiert. Dadurch fällt für jede der Mannschaften nur einmal in 4 Wochen das Training aus. Diese kann den Ausfall mit einer in diesem Artikel beschriebenen 9 Alternativen für Hallensperrungen überbrücken.
Hier Klicken um 9 Alternativen bei Hallensperrungen zu lesenDes Weiteren sollten Bund, Länder und Kommunen über monetäre Unterstützung für betroffene Vereine nachdenken. Wenn diese durch Mitgliederschwund in finanzielle Schieflage geraten und von der Sportlandschaft verschwinden, verlieren wir wiederum ein wichtiges Werkzeug für die Integration der Flüchtlinge.
Ich bin auf Eure Gedanken und Erfahrungen zu diesen Maßnahmen sehr gespannt! Teilt sie den anderen VolleyballFREAKS und mir unten in den Kommentaren mit!
Integration der Flüchtlinge in den Volleyball
Zuerst sollte man einfach beginnen, Begegnungen mit den Flüchtlingen zu starten. Dazu kann man mal an die Sporthallen und Flüchtlingsheime gehen und mit ihnen eine Runde Volleyball spielen. Genau so haben es beispielsweise die Berlin Recycling Volleys gemacht. So groß die Probleme wegen gesperrter Hallen für Vereine auch sein mögen, so sehe ich auch einige Chancen für unseren Sport und die Vereine. Dazu ist aber auch einiges an Initiative und Engagement notwendig.
Ist das Eis dann gebrochen, kann über weitere zielführende Maßnahmen nachgedacht werden. Gerade bei höherklassigen Volleyballclubs könnte man die Flüchtlinge zu den Heimspielen einladen. Alternativ kann man die Flüchtlinge direkt als Helfer einbinden.
Schafft man es, die Asylanten sogar regelmäßig ins Training miteinzubeziehen, stellt sich die Frage der Mitgliedschaft, damit sie auch versichert sind. Also lauert noch die ein oder andere bürokratische Hürde. Wer bezahlt die Versicherung dann? Diese Frage konnten wir in unserem Verein nur bedingt lösen. Auch nach intensiver Recherche im Internet habe ich hierzu leider kaum Lösungen gefunden. Wenn hier einer meiner Leser Erfahrungen damit hat, könnt ihr mir gerne einen Kommentar hinterlassen.
Hier in NRW stellt der Landessportbund NRW eine Summe von 211.000 € für die Vereine bereit. Der SG Sendenhorst hat diese bereits erfolgreich beantragt und genutzt, wie ihr im folgenden Video sehen könnt:
Zudem hat der WVV in diesem Dokument vom 19. Oktober 2015 eine Vereinfachung des Verfahrens zu Spielberechtigung von Asylanten bekannt geben.
Normalerweise müssen nicht-deutsche Spieler, welche nicht im DVV ausgebildet worden sind, ein internationales Transferzertifikat vorlegen, um eine Spielberechtigung zu erhalten.
Dies wurde vom WVV für die Saison 2015/2016 in den unteren Spielklassen bis inklusive zur Oberliga ausgesetzt. Das bedeutet für Asylanten aus unsicheren Ländern (Syrien, Irak und Afghanistan), dass diese sehr einfach in den Spielbetrieb integriert werden können. Damit wird die Integration natürlich deutlich vereinfacht! Ob dies auch in eurem Landesverband der Fall ist, erfahrt ihr in der Regel auf der Webseite.
Einige Landesverbände bieten beispielsweise auch spezielle Lehrgänge/Seminare für Übungsleiter zum Thema Integration an. Dazu habe ich z. B. diese News gefunden des Hamburger Volleyball Verbandes gefunden.
Einen tollen Artikel von Ullrich Krömer unter der Überschrift “Volleyball verbindet” rund um das Thema Integration der Flüchtlinge in den Volleyball habe ich übrigens in der Ausgabe 09.2015 des Volleyball Magazins gelesen. Dort sind noch einige tolle Beispiele aufgeführt.
Was tut ihr im Verein direkt oder auch indirekt für Integration? Trainiert ihr schon zusammen mit Asylanten? Habt ihr noch die ein oder andere gute Idee, welche Aktionen man als Verein oder Mannschaft noch für Integration starten könnte? Nutzt auch hierfür die Kommentarfunktion.
Zum Abschluss bleibt zu sagen, dass die Flüchtlingsproblematik ein Fluch oder Segen für den Volleyball sein könnte und diese Entscheidung letztlich in unserer Hand liegt. Auch wenn einige Vereine durch die Hallensperrungen stark gebeutelt sind, sollten wir uns der Chance nicht verschließen und die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen. Dann können wir in einigen Jahren hoffentlich mit stolz auf diese schwierige Zeit zurückblicken.
Rauschi
Nov 21, 2015 -
Ein paar Gedanken meinerseits:
1. Hallenböden zu schützen geht leicht, wenn man mit Panzertape Stofffetzen unter Tische etc. klebt. Ist null Aufwand, machen wir immer, wenn wir Bierbänke auf Anfällige Böden stellen muss. Sache von 10 min, wenn jeder Flüchtling seine Dinge sichert.
2. Hallenöffnungszeiten zu verlängern ist eine gute Option. Die andere ist aber auch, früher reinzukommen. Bei uns in Bayreuth haben die Schulen die Hallen bis 17:00, danach können wir rein. Die Schulen brauchen die Hallen aber meist nicht die ganze Zeit. meist sind die Hallen ab 16:30 oder sogar schon früher leer. Jugenmannschaften und Kinderteams sind oft froh früher trainieren zu können, und da steckt schon wieder potenzial
3. Bei uns an der Uni dürfen jetzt Flüchtlinge mitspielen im Hochschulsport. Habe jetzt angeboten, davor immer 30min die theoretisch in das Spiel einzuführen, damit die das ‘Angebot voll nützen können. Weil es ist sehr schade für viele Studenten, dass jetzt noch weniger Kursplätze frei sind, da einige für Flüchtlinge draufgehen. Und wir sollten keine loose – loose Situationen akzeptieren, weniger Platz für Deutsche, sinnloses rumstehen für Flüchtlinge, sondern wenigstens eine loose – win Situation entstehen, dann sollen doch wenigstens die Flüchtlinge den Sport voll durchführen können. Also, kurz gesagt, bitte ich darum, nicht nur nach win win Situationen zu suchen.
4. Wir bekamen von der Staffelleitung ne mail, dass Flüchtlinge bei uns im Training versichert wären.
5. Vielleicht, eines Tages bauen wir mehr Hallen. Vor dem Flüchtlingsandrang waren es zu wenig Hallen, d.h. egal wie kurzfristig die Situation erscheienn mag, die Halllen werden danach ja genutzt. Und dann profitieren wir Sportler langfristig vom Andrang auf unsere Hallen.