An dieser Stelle möchte ich die aktuelle Diskussion um die Wildcard aus Berichten rund um Husum und das Projekt „WattVolleys (hier und hier) aufgreifen und zu einigen Punkten Stellung beziehen, einordnen sowie weitere Hintergründe aufzeigen.

Das Bild zeigt Volleyballtrainer und Blogger Oliver Wagner in einen schwarz-weissen Poloshirt des Schleswig-Holstein Volleyball-Verband

Oliver Wagner ist einer der Visionäre aus Husum

Hier ein Auszug zu Husums Wildcard-Antrag aus der VBL-Medieninformation vom 12.01.2017:

In Husum hat der Volleyballsport eine große Tradition. Wir sind stolz auf unsere gute Jugendarbeit. Doch die Perspektiven für unseren Volleyball-Nachwuchs fehlten bisher. Die Wildcard ist für uns deshalb ein Geschenk des Himmels“, sagt Trainer und Blogger Oliver Wagner. Mein Blogger-Kollege von http://volleyblog.net/ war hier im Blog auch schon als Gastautor aktiv.

Im Netz hat die Diskussion hohe Wellen geschlagen: Es gab Stimmen, die der Einführung der VBL sehr offen gegenüber stehen, es gibt aber auch kritische Stimmen.

In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder Kritik am Masterplan laut: Zum einen an den Auflagen für die einzelnen Vereine, zum anderen auch die Forderung an die VBL, ihrer Verpflichtung nachzukommen, mittels eines Ligasponsors Gelder zu generieren um den einzahlenden Clubs zukünftig einen Betrag zurück zu erstatten.

Wildcard: Was/ wie/ warum?

Hier erst mal alle Fakten zur Wildcard:

Das Foto zeigt die Fahnen der Volleyball-Bundesliga.

Die VBL bekommt einiges an Gegenwind für die Wildcard.

Laut VBL-Wiki soll ab kommender Saison ein Vergabeverfahren für Wildcards durchgeführt werden um gezielt weitere Standorte zu fördern und Volleyball in Deutschland weiter zu verbreiten. Die Fristen hierzu waren für die 1. Bundesliga der 01.11.2016 und für die 2. Bundesliga der 01.02.2017. Der endgültige Antrag muss der VBL bis zum 01.04. (1. Bundesliga) und 02.05. (2. Bundesliga) vorliegen.

Vergaberichtlinien

Generell richten sich die Vergabekriterien nach der gültigen Maßgabe des Lizenzstatuts. Die Wildcards werden nach verschiedenen Kriterien vergeben. Sollten sich mehr Vereine um eine Wildcard bewerben als es Plätze gibt, wird ein Ranking gebildet.

Kriterien zur Vergabe der Wildcard

Ein Businessplan für >= 3 Saisons

Lizenzvoraussetzungen

Vorlizenzierungsverfahren sowie alle Voraussetzungen der Stufe 4

Standort gemäß VBL-Wiki:

  • Großstadt oder Metropolregion > 100.000 Einwohner
  • „weiße Flecken“ in der VBL-Landkarte
  • Standort mit Volleyballtradition
  • Standort mit großer Sportaffinität
  • Standort mit Alleinstellungspotenzial für die Sportart Volleyball
  • Standort mit reichweitenstarken lokalen und regionalen Medien
  • Wildcards an Standorte, in deren unmittelbaren Umkreis bereits ein anderer Bundesligist der gleichen Spielklasse ansässig ist, werden nur in begründeten Ausnahmefällen und nach Anhörung des Bundesligisten vergeben“

Spielhalle

Voraussetzung ist eine Multifunktionsarena mit mehr als 4.000 Plätzen in der 1. Bundesliga (wünschenswert) sowie für klassentiefere Teams (wie den WattVolleys) ein überdurchschnittlicher Zuschauerschnitt

Sportkonzept

Bedingung für die erfolgreiche Bewerbung ist die Vorlage eines sportlichen Konzepts, bei Vereinen aus tieferen Spielklassen die Platzierungen der vergangenen drei Jahre sowie der Nachweis eines Konzepts für Jugendarbeit.

Wirtschaftlichkeit

Ein entscheidender Punkt ist natürlich auch der Nachweis der Wirtschaftlichkeit, genauer Nachweise über Einnahmen, Investoren sowie Sponsoren sowie der Schaffung einer Spielbetriebsgesellschaft

Kosten für die Wildcard

  • Die Gebühr für Beantragung einer Wildcard beträgt in der 1. Bundesliga 2.500,00 Euro, in der 2. Bundesliga 1.250,00 Euro
  • Die Gebühr für Vergabe einer Wildcard beträgt in der 1. Bundesliga 50.000,00 Euro, in der 2. Bundesliga 12.500,00 Euro“

Fazit des VolleyballFREAKs zur Wildcard

Ich finde die Kriterien sehr weich formulieren, diese lassen eine Menge Spielraum. Besonders die formulierten Kriterien zum Standort sind (bewusst?) schwammig:

Was genau ist ein „weißer Fleck“ auf der Karte oder aber eine lange Tradition? Sollten sich zukünftig tatsächlich mehr Teams am Vergabeverfahren der Wildcard beteiligen, muss transparent gemacht werden, nach welchen harten Kriterien das Verfahren letztlich erfolgt.

Weshalb die Platzierungen der vergangen Jahre bei unterklassigen Teams eine Rolle spielen soll,ist ebenso fraglich. Klar dürfte sein, dass beim aktuellen Beispiel Husum keiner der Spieler des aktuellen Landesligakaders eine sportliche Rolle in der 1. Bundesliga wird spielen können, unabhängig von der Platzierung in diesem Jahr.

Ich denke, dass letztlich harte Zahlen bei der Vergabe den Ausschlag geben werden:

Vereine, die mit dem Gedanken spielen, sich an der Vergabe zu beteiligen werden das nicht aus einer spontanen Laune heraus tun können, sind doch allein die Kosten für die Teilnahme an der Vergabe recht happig (siehe oben).

Grundsätzlich sind aber auch Stimmen laut geworden, die das Überspringen von Ligen mittels Wildcards verpönen, da die Spielklassenzugehörigkeit künftig nicht mehr Ausdruck von guten sportlichen Leistungen in der Vergangenheit wäre. In den USA ist das Kaufen von Spiellizenzen, z. B. in der NBA, hingegen schon gängige Praxis.

Ob und wie die Wildcards von Vereinen angenommen werden, wird aber erst die Zukunft zeigen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob es in der kommenden Saison heißen wird:

WattVolleys vs. VfB Friedrichshafen

Eure Gedanke zur Wildcard

rege Disukussion in den Facebook-Posts (Quelle: https://www.facebook.com/volleyballfreak/posts/771838942971924)

Interessant sind aber auch Eure Gedanken hierzu, wie zum Beispiel in diesen Posts:

Facebook-Diskussion 1:

Benny Dick: Na dann viel Erfolg! Olli war schon immer ambitioniert – jedoch braucht es auch Spielterpotential und das wird wohl die spannendste Frage und Herausforderung..?

Volleyballfreak: Mit entsprechenden großen Budget ist Spielerpotential realisierbar. 😉 Die finanzielle Frage wird hier auf jedenfall entscheidend sein!

Felix Jülicher: damit würde der sinnfreie masterplan der vbl ja mal vollkommen auf gehen.. denn genau das wollen die.. neue teams in die bundesliga kaufen von irgendwelche sponsoren die mal lust haben kohle ins volleyball zu blasen.. dann spielen die 2 jahre und der investor hat keine lust mehr und wieder nen team was pleite geht. …Mehr anzeigen

Burkhard Kroll: Mit viel Geld + langem Atem (noch mehr Geld) geht alles… Problem: Nachhaltigkeit. Es bricht alles zusammen, wenn einer der Geldgeber irgendwann nicht mehr will/kann.

Sarah Brose Jennifer Ullrich- dann gibt’s ja doch Volleyball in deiner Hood;)

Patrick Stanke Unfair gegenüber den regulären Aufsteigern, die sich Liga für Liga hocharbeiten müssen!“

Facebook-Diskussion 2:

Torsten Tildick: So schön es ist, wenn sich Menschen so für unseren Sport einsetzen, aber bitte, bitte überlegt euch das nochmal mit dem Namen. “WattVolleys” – wie soll Volleyball ernst genommen werden, wenn die Vereine wie eine Thekenmannschaft auf nem Hobby-Turnier heißen? Die deutschen Sportmedien und -fans brauchen klare zuordnen über Städte, schon Mitteldeutschland oder Rhein-Main sind da m.E. unglücklich gewählt.

MSC-Fanclub “Adlerblock”: Ein interessantes Projekt in Husum. Wir drücken dem Verein die Daumen, das es klappt. Eine Frage Volleyball Bundesliga aus Fansicht: Bis wann muss die Lizenz für die 2. Bundesliga beantragt werden. Könnt Ihr uns da eine Info geben? Viele Grüße aus Moers nach Berlin =)

Volleyball Bundesliga: Hallo nach Moers. Bis zum 01.02. muss bei Interesse ein entsprechender Antrag im VBL-Center eingegangen sein.

Facebook-Diskussion 3 (gekürzt):

Dietrich Schrag: Viel Erfolg! Ich denke zwar, dass es sehr schwierig werden wird, in dieser Region/für diese Region adäquate Spieler zu finden, die dazu beitragen können, das Abenteuer Volleyball Bundesliga erfolgreich zu stemmen. Aber Enthusiasmus kann Berge versetzen.

Benni Volk: Fehlen nur noch die Spieler? 😀

Steffen Garbers: Für nen Aprilscherz etwas früh

Schaffung der strukturellen Rahmenbedingungen für Bundesliga Volleyball

In diesem Zusammenhang sind vielleicht auch weiter Zahlen interessant, die auf die „WattVolleys“ und weitere potentielle Bundeligisten zukämen.

Das Foto zeigt ein fast fertiges Volleyballfeld.

Frisch eingefärbt und Fast fertig. Ein Volleyballfeld wird für die 2. Liga hergerichtet.

Am eigenen Leibe durfte ich in diesem Jahr bei meinem Verein „TVA Hürth Volleyball“ selbst erfahren, wie schwierig es mitunter ist, alle Bedingungen und Auflagen für den Spielbetrieb der 2. Volleyball Bundesliga als kleiner „Dorfverein“ umzusetzen. Hier war eine Menge (wo)man-power gefragt – und natürlich auch Geld.

Was es zu bedenken und einzuplanen gilt – und welche Summen in etwa auf potentielle Kandidaten für eine Wildcard einzuplanen sind, stelle ich an dieser Stelle vor.

Neben den oben dargestellten Kosten für die Anträge selbst (addiert 52.500€ für die 1. Bundesliga) kommen aber natürlich viele weitere Kosten auf Vereine zu, die das Abenteuer Bundesliga angehen wollen.

Kosten, wie im VBL-Wiki angegeben:

  • Mitgliedsbeitrag DVV (70€ pro Saison))
  • Mitgliedsbeitrag VBL (2.600€)
  • Lizenzgebühr (6.850€ bis 18.400€ pro Saison)
  • Medien-Produktionskostenzuschuss (bis zu 10.000€)
  • Schiedsrichterpauschale (ca. 1.000€ x Team pro Liga + Play-Offs)
  • Surfstick für escoresheet (ca. 50€)
  • Etwaige Transfergebühren für die Spieler (480€ je Spieler und Saison zzgl. 2.000 CHF an die FIVB/CEV)
  • Ausbildungskostenerstattung (bis 5.900€ je Spieler)
  • Auswärtsfahrten mit dem Reisebus
  • Hotelübernachtungen
  • Spielergehälter (schwer zu beziffern)
  • Trainergehälter (ein A-Trainer Pflicht)
  • Gehalt für Mannschaftsverantwortliche
  • Weitere Gehälter
  • Die Anforderungen an die Spielhalle, wie hier beschrieben
    • DVV1-Lizenzierter Schiedsrichterstuhl (ca. 1.200€)
    • Eingefärbter (Roll) Boden (Gerflor)
    • Zuschauertribüne (Teleskoptribünen)
    • geschlossenes Bandensystem (mind. 150€ mit Folien/ je Bande und bekleben in Eigenleistung. Das Anschaffen elektrischer LED-Bandensysteme (LEDCON) wird ungleich teurer sein
    • Sound/ Beschallungsanlage + (DJ)
    • Ticketing
  • Anforderungen an das Kamera-System für den Live-Stream

Laut eines Rundschreibens der VBL vom 2. September 2015 zur Nutzung von Kamerasystemen hier ein paar Infos von Jan Sienicki (VBL-Manager 1. Bundesliga, Sport & Internationales)

  • „Mietkonditionen – zwei Varianten:
  • Variante 1:
  • Mietvertrag des Systems für 3 Spielzeiten – Vertragspartner: GIP Media Productions GmbH
  • 1.500,00€ zzgl. MwSt. – Mietpreis pro Saison
  • Variante 2:
  • Mietvertrag des Systems für 2 Spielzeiten – Vertragspartner: GIP Media Productions GmbH
  • 2.000,00€ zzgl. MwSt. – Mietpreis pro Saison
  • Ein Kaufangebot gibt es nicht, da ein System im VK mindestens 7.000 € (eher > 8000 €) kosten würde und ein Verkauf nicht deren Geschäftsmodell entspricht.

Hinzu kommen die Kosten für Trainer, Spieler und Co pro Saison. Die WattVolleys planen laut diesem Artikel mit einem Etat von 700.000 bis 800.000.

Die Kritik an der VBL von Seiten vieler (langjähriger) Vereine aus der Volleyball Bundesliga ist groß, am deutlichsten wurde sie das letzte Mal vom TSV Herrsching (GCDW) geäußert, als diese im DVV-Pokalhalbfinale ihr Heimspiel wegen einer nicht-ausreichenden Halle an die Berlin Recycling Volleys verloren haben/ abgeben mussten. Dies sorgte letzten November für großen medialen Wirbel. In den beiden folgenden Artikel sind beide Sichten augeführt:

  1. Stellungnahme des TSV Herrsching – Heimspielrecht entzogen
  2. Stellungnahme der VBL zum Heimrechtstausch

Warum die VBL nicht mehr Vereinen hilft und diese unterstützt, die seit Jahren erfolgreich versuchen ,das Produkt Volleyball (Bundesliga) zu präsentieren, sondern lieber daran arbeitet, weitere Vereine in die Oberklasse zu holen ist fraglich. Zumal sich einige Vereine in den letzten Jahren krummlegen mussten, um die steigenden Anforderungen überhaupt erfüllen zu können – gegen teure Gebühren.

Ligasponsor: Was/ wie/ warum?

Im Rahmen des Masterplans der VBL wurden Bedingungen definiert, die Vereine der Volleyball Bundesliga (in Schritten) umsetzen müssen. Die Anforderungen und Kosten steigen hier je nach Dauer der Ligazugehörigkeit. So fallen wie oben beschrieben Lizenzkosten an sowie erhöhte Personalkosten durch die Bestrebung zur Professionalisierung des Umfeldes. Im Gegenzug war es an der VBL einen adäquaten und solventen Ligasponsor (Punkt 23.2) zu finden um – mittelfristig – eingezahlte Gelder der Mitgliedsvereine auch wieder an diese auszuschütten.

In diesem Interview von 2014 mit Klaus-Peter Jung (VBL) gab es das Thema bereits:

„Die DVL sucht seit Jahren nach einem Ligasponsor. Wie weit sind Sie bei dieser Suche?

Jung: Daran arbeiten wir mit Hochdruck. Bei meinem Amtsantritt habe ich gesagt, dass wir ein Jahr benötigen, um uns noch professioneller aufzustellen und als Marke mit neuem Gesicht zu positionieren. Das ist erfolgt und wir sind dann so ausgerichtet, dass wir an potenzielle Ligasponsoren herantreten können. Das wollen wir zielgerichtet und vorbereitet mit einem neuen Erscheinungsbild tun. Dazu werden wir uns eine Agentur dazu holen. Die Konzeption für einen Ligasponsor steht, und wir gehen damit in Kürze nach außen.“

Seit dem sind bald zwei Jahre ins Land gegangen, ohne das ein Ligasponsor gefunden wurde.

Am 7. Januar dieses Jahres äußerte sich Kaweh Niroomand, der Manager des deutschen Meisters Berlin Recycling Volleys gegenüber deutschlandfunk.de: „Es sind nun zwei Jahre vergangen. Die Vereine haben ihre Pflicht getan. Aber auf der anderen Seite, was auch zu dem Masterplan gehörte, das Finden eines Zentralsponsor ist ausgeblieben, von daher ist der Masterplan ein wenig in Schieflage geraten.”

Was bringt ein Ligasponsor für Vorteile?

Seit 2012 ist die DKB Namenssponsor der Handball Bundesliga.

In vielen Sportarten und Ländern ist Ligasponsoring bereits Usus. Bereist seit 1992 gibt es diese Form in der englischen Fußball Premier-League, heute die kaufkräftigste Liga der Welt. Aber auch die Handball-Bundesliga hat längst einen Namenssponsoren gefunden. Kritik an solchem Sponsoring von Fanseite ist bekannt, für die Vereine ist sie aber eine gute Einkommensquelle. An den Millionenzahlen anderer Sportarten wird der deutsche Volleyball wahrscheinlich nicht heranreichen, eine Finanzspritze könnten aber sicher alle Vereine gut gebrauchen um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern oder Gehälter zahlen zu können.

Fazit des VolleyballFREAKs

Um die „Schieflage“ des Masterplans wieder auszugleichen, bedarf es einer Lösung hinsichtlich des Ligasponsorings. Ich denke, dass deutsche Volleyballfans eine Umbenennung der Bundesliga tolerieren würden, wenn dies mehr finanzielle Mittel für die Vereine bedeuten würde.

In diesem Jahr läuft der aktuelle Masterplan aus. Um den Frust einiger Clubs zu dämpfen sollte in einer kommenden Auflage eines Plans für die Volleyball Bundesligen mehr auf die Wünsche der Clubs – und die tatsächlichen Begebenheiten und Rahmenbedingungen eingegangen werden. Wenn sich darüber hinaus dann ein Ligasponsor findet, der den tollsten Sport der Welt finanziell unterstützt: Umso besser!

Jetzt bist du dran! Wie ist deine Meinung zu den beiden Themen? Lass einfach einen Kommentar da. Ich würde mich freuen, wenn unter diesem Artikel eine kleine konstruktive Diskussion entsteht.